Harry Sword – Monolithic Undertow

Ich habe zugegebenermaßen etwas anderes erwartet, wurde aber nicht enttäuscht. Verspricht einer der Blurbs An inspired and intuitive navigation of the drone continuum, so geht es dabe gerade nicht um ein Genre – Ambient oder eben Drone – sondern eher einen Modus des Musikmachens, der sich, wie Sword zeigt, mehr oder weniger deutlich durch die Menschheitsgeschichte zieht.

Drone, das nicht enden wollende Dröhnen, Brummen, Rauschen oder Singen, begann vor Jahrtausenden in Höhlen und Bauwerken mit entsprechenden architektonischen Eigenschaften, wurde von der Avantgade im zwanzigsten Jahrhundert begeistert aufgegriffen, und durch Gitarrenfeedback, John Cales Viola, Synthesizer, Krautrock, No Wave, Sonic Youth, Techno, die Bass-Gottesdienste von Sunn O))) und viele weitere Künstlerinnen und Künstler immer und immer wieder aufs Neue in Schwingung gehalten.

Insofern ist Monolithic Undertow das bedeutend interessantere Buch als das von mir erwartete, weil es Genregrenzen vollkommen frei überschreitet. Die diversen Kapitel unterscheiden sich jedoch deutlich in ihrer Interessanz. Immer dann, wenn es Sword gelingt, Musik und Künstler vor dem Hintergrund bestimmter sozialer Umstände an bestimmten Orten zu zeichnen (oft New York und England), könnten seine Schilderungen kaum spannender sein.

Geht es hingegen um die Genese von Doom Metal irgendwann in den achtziger und neunziger Jahren oder um Krautrock im Nachkriegsdeutschland, mutet das Buch wie eine Aufzählung von Bands und deren Veröffentlichungen an. Keine Frage: Ich schätze Sonic Youth und respektiere Melvins und Swans ebenso wie Can und Neu!, musste mich davon jedoch nicht ein weiteres Mal überzeugen.

Aber das sind Petitessen. Vor allem ist Monolithic Undertow ein herausragendes Manifest der künstlerischen Freiheit voller liebenswerter Menschen und hochinteressanter Künstlerinnen und Künstler, die sehr oft und in zahlreichen Genres atemberaubend gute Musik mach(t)en.