Sehr lesenswert finde ich die unter dem Titel Schreiben in Distanz veröffentlichte Hildesheimer Poetikvorlesung vom Hannes Bajohr. Es geht um digitale Literatur (das titelgebende Schreiben in Distanz oder Schreiben zweiter Ordnung), die Wahrhaftigkeit des Glitches, Pathos und KI, Stoff und Form. Das alles kompakt und verständlich auf rund einhundert Seiten.
Das Buch ist unter Creative-Commons-Lizent 4.0 frei verfügbar, kann aber auch beim Hildesheimer Universitätsverlag erworben werden. Hier geht es zum Download.
Schön ist beispielsweise der Text Über mich selbst — und seine Entstehung:
Zusammen mit Gregor Weichbrodt habe ich eine große Masse an Profilen der Datingseite Parship ›gescraped‹, das heißt, automatisiert heruntergeladen. Am Ende hatten wir etwa 7000 Profile heterosexueller männlicher Nutzer. Weil es bei Parship vor allem um die Selbstpräsentation geht, haben alle Sätze, die mit ›ich bin‹ beginnen, herausgefiltert und über einen Python-Code anschließend mit verschiedenen Konjunktionen – also Wörtern wie ›und‹, ›aber‹, ›andererseits‹ – zu einem großen, ausladenden Monolog verbunden.
Per Text to Speech ergab sich ein rund dreieinhalbminütiger Monolog, den ich meinen bewährten Lärmroutinen ausgesetzt habe.

Eine zweite Version verfremdet den Text deutlich weiter. Im Ergebnis wahrscheinlich ein schlechteres und zu langes Fitter, Happier, More Productive, aber ein großes Vergnügen im Schaffensprozess.

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Eine Antwort zu „Gelesen (und geremixt): Hannes Bajohr – Schreiben in Distanz“
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