Die Publizistin Naomi Klein wurde in der Pandemie häufig mit der ehemaligen Feministin und inzwischen stark rechtslastigen Impfkritikerin Naomi Wolf verwechselt. Aus diesem leidlich interessanten Umstand heraus schrieb Klein das Buch Doppelgänger, in welchem sie das titelgebende Motiv auf eine Vielzahl von Themen anzuwenden versucht. Das gelingt mehr schlecht als recht, wird die Metapher doch schnell überstrapaziert und zum Ende hin nahezu fallengelassen.
Fast am ärgerlichsten ist die immense Diskrepanz in der Qualität der Kapitel. Geht es um die Aufarbeitung der grausamen Historie kanadischer Indigenen-Schulen oder das sehr persönliche Kapitel zum Thema Autismus, so ist Doppelgänger fesselnd und mitreißend.
Leider wärmt Klein aber auch die postkolonialen Vorstellungen auf, laut denen an der Singularität des Holocaust zu rütteln sei. Immerhin wird hier die Armseligkeit der ganzen Argumentation deutlich, die über ein schlichtes told you so nicht hinausgehen mag.
Selbstverständlich muss das Buch mit der Israelkritik enden, wie sie von Linksliberalen aus Nordamerika wohl inzwischen zu erwarten ist. Das wirkt im Kontext des mühsam aufrechterhaltenen Doppelgänger-Motivs vollkommen deplatziert und ist gegenwärtig besonders schwer zu ertragen. Klein ist BDS-Sympathisantin, was ich nicht wusste; ich hielt sie aus alten No Logo-Zeiten irrigerweise für klug.